Stegfellner
Naarner Arzt: "Letzter aus der alten Garde" geht in Pension
Der Naarner Hausarzt Ferdinand Stegfellner und seine Frau Christine setzen sich zur Ruhe. Die ärztliche Nachfolgerin bleibt vorerst in der Haus-Ordination.
NAARN. Die Naarner Bevölkerung atmete auf, als Bettina Wahl aus Allerheiligen ihre Nachfolge für den langjährigen Hausarzt Ferdinand Stegfellner zusagte. Nach sechs Monaten zu zweit in der Gruppenpraxis geht mit Jahresende eine 36-jährige Ära zu Ende. Christine Stegfellner, die mit ihrem Mann von Anbeginn als Ordinations- und Gesundheitsassistentin zusammenarbeitete, zieht sich ebenfalls ins Private zurück. Wahl wird weiterhin die Ordination im Haus Stegfellner nützen, bis neue Räumlichkeiten im ehemaligen "Kirchenwirt"-Gebäude geschaffen sind, das die Gemeinde angekauft hat.
"Allgemeinmediziner ist ein schöner Beruf. Es ist gerade alles im Wandel, aber Krisen sind Zeiten, in denen es auch neue Chancen gibt."
"Ich bin der Letzte aus der alten Garde, der in Pension geht", sagt Stegfellner, und erinnert sich zurück an die Zeit, als es noch keinen hausärztlichen Notdienst (Händ) gab: "In Perg und Naarn haben wir im Fünferrad jede Bereitschaft, jeden Wochenend- und Nachtdienst übernommen, rund um die Uhr. 29 Jahre lang gab es nicht einen Tag, der unbesetzt war. Das hat zu unserem Selbstverständnis gehört."
"Den behalten wir uns"
Als der junge Stegfellner im Jahr 1986 drei Wochen lang als Vertretung in Naarn war, hieß es: "Den behalten wir uns" – und so war es dann auch. Getan hat sich seitdem einiges: "Anfangs gab es noch nicht einmal einen Notarzt, das könnten wir uns nicht mehr vorstellen." Speziell die Entwicklungen der jüngeren Zeit bergen aber Herausforderungen für Mediziner: "Die Leute werden älter, die Ärzte weniger." Und die Region wächst. "Wir bräuchten eigentlich in Naarn und Perg zusammen sechs Praktiker, weil wir schon zwischen 12.000 und 13.000 Einwohner haben." Besserung erwartet sich Stegfellner durch die geplanten Primärversorgungszentren in Perg und Schwertberg. Er ist überzeugt: "Wenn eine Gemeinde nichts tut, wird sie keinen Doktor mehr bekommen."
Glückliche Fügung sorgte für Nachfolge
Ein Quäntchen Glück gehört auch dazu. Als Bettina Wahl eines Tages an seine Tür klopfte, sagte der Naarner Arzt zu ihr, er könne ihr nichts bieten, aber es würde ihn freuen, wenn sie die Nachfolge übernehme. Eine Fügung wollte es, dass der "Kirchenwirt" kurz darauf zum Verkauf stand. Die Gemeinde schlug zu und ließ in den Vertrag schreiben, dass eine Arzt-Ordination ins Gebäude kommen wird.
"Die Verantwortung gebe ich gerne ab. Aber es spielt sicherlich ein bisschen Wehmut mit, das ist keine Frage."
Dass Mediziner heutzutage andere Ansprüche an einen Beruf stellen, weiß das Ehepaar Stegfellner: "Wir sind von der Aufbaugeneration erzogen worden. Der Stellenwert der Arbeit war früher ganz hoch. Die jungen Ärzte wollen eher eine Dreiviertel-Einheit, nicht eine ganze Stelle." Man müsse Anreize schaffen, damit mehr junge Leute zu Medizinern ausgebildet werden. "Es wäre wichtig, dass wir Empathiefähigkeit und soziale Kompetenz wieder mehr in den Vordergrund stellen. Kopf, Herz und Hand sollen zusammenpassen." Auch diese Qualitäten sollten bei einem Aufnahmeverfahren berücksichtigt werden, nicht nur IQ und Wissen, denn: "Eine Intelligenzbestie ist nicht automatisch der beste Arzt."
Patienten bedankten sich zum Abschied
"Es ist rührend, wie sich die Leute bedanken", berichten Christine und Ferdinand Stegfellner aus ihren letzten Tagen in der Ordination. Das Ehepaar wird sich nun dem großen Garten und dem Chorgesang widmen. Der "Herr Doktor" studiert Kirchenmusik und spielt Klavier in der Musikschule. "Und ich liebe es, in den Wald zu gehen und Schwammerl zu suchen. Ich hoffe, dass ich noch ein Neichterl fit bleibe."
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